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22.03.2024, 15:00 Uhr | Lesedauer: ca. 5 Minuten    

TecPart: Fachkräftemangel droht sich weiter zu verschärfen

Durch die demografische Entwicklung sind in Deutschland Rahmenbedingungen gegeben, die es schon heute schwierig machen, frei werdende Stellen zu besetzen. Im Wettbewerb um den Nachwuchs zeigt eine aktuelle Umfrage von TecPart - Verband Technische Kunststoff-Produkte e.V., wie dramatisch die Situation inzwischen auch an den Hochschulen ist.

Bei der traditionellen TecPart-Umfrage unter Kunststoffverarbeitern zu Beginn des Jahres wurde auf die Frage, ob es im Unternehmen einen Fachkräftemangel gebe, mit 88,2 Prozent Zustimmung ein neuer Rekordwert ermittelt (Abbildung 1). Der größte Mangel besteht danach bei Kunststofftechnikern und Verfahrensmechanikern, gefolgt von Auszubildenden in diesem Bereich und schließlich bei Kunststoffingenieuren. Das Angebot an Auszubildenden und Ingenieuren der Fachrichtung Kunststofftechnik wird weiter zurückgehen.

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Abbildung 1: Wo der Fachkräftemangel am größten ist - (Grafiken: TecPart e.V.).
Abbildung 1: Wo der Fachkräftemangel am größten ist - (Grafiken: TecPart e.V.).

Der Ausbildungsberuf Verfahrensmechaniker für Kunststoff- und Kautschuktechnik (künftig: Kunststofftechnologe) hat in den letzten acht Jahren rund 43 Prozent seiner Auszubildenden verloren (Abbildung 2) und verzeichnet derzeit immer noch mehr Schulabgänger als neu abgeschlossene Ausbildungsverträge.

Abbildung 2: Entwicklung der Ausbildungsverträge
Abbildung 2: Entwicklung der Ausbildungsverträge

Bei den Hochschulen sieht es nicht viel besser aus. Auf Basis der im Februar 2024 durchgeführten Befragung der deutschen Technischen Hochschulen, Universitäten und Fachhochschulen meldete nur eine Technische Hochschule für das Wintersemester 2021/2022 steigende Studierendenzahlen, während alle anderen Rückgänge von bis zu 50 Prozent verzeichneten.

Für das Wintersemester 2022/23 meldeten dann drei Hochschulen Zuwächse, während die Mehrheit wieder Rückgänge verzeichnete. Und für das aktuelle Wintersemester 2023/24 meldeten mit einer Ausnahme alle Hochschulen weniger Studierende, im Durchschnitt rund 35 Prozent weniger als im Vorjahr, der Spitzenwert liegt bei einem Rückgang von 67 Prozent (Abbildung 3).

Abbildung 3: Entwicklung der Einschreibungen gegenüber dem Vorjahr
Abbildung 3: Entwicklung der Einschreibungen gegenüber dem Vorjahr

TecPart-Geschäftsführer Michael Weigelt stuft die Erkenntnisse der Studie als sehr brisant und besorgniserregend ein, weil es für die Wirtschaft künftig noch weniger gut ausgebildeten Nachwuchs geben wird, der zudem den wachsenden Bedarf, der durch das altersbedingte Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge entsteht, nicht wird decken können: „Die Hochschulen müssen so noch mehr um Ausstattung und Personal kämpfen. Der technologische Fortschritt und die gewünschte Transformation hin zur Kreislaufwirtschaft wird gebremst, da die erforderlichen Kräfte nicht in der erforderlichen Anzahl zur Verfügung stehen werden“, mahnt Weigelt.

Einige der über 40 angefragten Hochschulen beschrieben ihre Situation nur in Textform ohne Nennung der tatsächlichen Zahlen, da deren Nennung bei Veröffentlichung unter Umständen ein schlechtes Licht auf den Standort werfen könnte, trotz der Zusage, die Zahlen nur anonymisiert und dann aggregiert zu veröffentlichen.

Die Sorge scheint berechtigt, da in den letzten Jahren an verschiedenen Standorten die Studiengänge aus dem Programm zusammengelegt oder neugestaltet wurden. Umso erfreulicher war, dass gegen den Trend die Meldung kam, dass die Hochschule in Esslingen den Studiengang „Angewandte Kunststofftechnik“ neu ins Programm aufgenommen hat.

Auch wurde durch die Rückmeldungen ein Handlungsfeld sehr deutlich: es muss uns gelingen, die internationalen Studierenden im Land zu halten. An vielen Standorten machen diese heute rund die Hälfte der Studierenden aus. Überwiegend kommen diese aus dem asiatischen Raum, in den rund 50 Prozent nach abgeschlossener Ausbildung wieder zurückgehen. „Das ist ungenutztes Potenzial, welches wir durch rechtzeitige Eingliederung in Unternehmen und in die Gesellschaft binden müssen“, so die Forderung von Michael Weigelt.

Auf die Frage, ob bereits Maßnahmen eingeleitet wurden, um der veränderten Anzahl der Studierenden gerecht zu werden, und wenn ja, dann welche, lautete die bezeichnendste Antwort, dass vom bisher genutzten Hörsaal in einen kleineren gewechselt wurde.

Oft wurden die hochschuleigenen Werbemaßnahmen ausgebaut, soziale Mediakanäle intensiver genutzt und verstärkt in die Schulen gegangen, um für den Studiengang zu interessieren. In Ilmenau wurde zudem ein Preis für die besten Anschlussarbeiten ins Leben gerufen.

Gibt es neben den eigenen Maßnahmen auch Wünsche, die an die Politik und die Industrie gerichtet sind, um den Abwärtstrend zu stoppen? Hier steht der Hinweis von Professor Axel Kaufmann von der DHBW in Karlsruhe sinnbildlich für viele der Antworten, wenn er fordert, dass „(…) es wichtig ist, zukünftige Generationen für das Thema Technik zu begeistern. Dies sollte bereits in der frühen Bildungsphase beginnen. Weiterhin ist es wichtig, dass die Hochschulen gestärkt werden, um ihren Bildungsauftrag nachzukommen. Hierzu werden ausreichende Ressourcen benötigt, um die Technologie praxisnah zu vermitteln. Wir alle haben gemeinsam die Aufgabe, den kommenden Generationen Lust darauf zu machen, die Herausforderungen unserer Zeit gemeinsam zu lösen. Lösungen brauchen Umsetzer und die Umsetzer für morgen müssen wir heute begeistern.“

Schließlich kommt mehrfach die Forderung, dass das Thema Kunststoff nicht immer nur auf die Verpackung reduziert wird und sich die Entscheider aus den Ministerien bewusst machen, dass Lösungen in Kunststoff und der Aufbau der Kreislaufwirtschaft immer ein Gewinn für die Umwelt sind und daher insbesondere von der aktuellen Regierung vielmehr gefördert werden müssten.

Dazu passt die Stellungnahme von Professor Florian Puch aus Ilmenau. Er gibt zu bedenken, dass „durch die mediale Vermarktung von Themen wie ‚Plastiksteuer‘ und ‚Plastikverbote‘ das Image der für Deutschland sehr bedeutenden Branche immer wieder in ein schlechtes Licht gerückt wird, was unweigerlich zu geringerem Interesse der jungen Menschen an Berufen in der Branche führt. Dabei tragen Kunststoffe in vielen Anwendungen zu einem hohen und nachhaltigen Lebensstandard maßgeblich bei.“

Hinzu kommen Änderungen in für die Branche wichtigen Forschungsförderprogrammen, die zu einer unsicheren Fördersituation insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) der Kunststoffbranche führen. Zu nennen sind hier die vorübergehende Schließung des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) in der Vergangenheit, die Einstellung des Technologietransferprogramms Leichtbau und Unsicherheiten bei der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF). Hier wäre Kontinuität für die KMU der Kunststoffbranche wünschenswert, um sich mit Innovationen im internationalen Wettbewerb behaupten zu können“.

An anderer Stelle wird an die Verbände und die dahinter stehende Industrie appelliert, endlich mit einer Sprache zu sprechen und damit die Bedeutung auch in die Parlamente zu tragen. Dies knüpft auch an die Forderung aus der Politik an. Hier appellierte der Staatssekretär aus dem sächsischen Wirtschaftsministerium auf dem Mitteldeutschen Kunststofftag in Erfurt, dass sich die Kunststoffverarbeiter auf eine Stimme der Branche einigen sollten, da es für die Politik schwierig sei, mit unterschiedlichen Vertretern zu sprechen.

TecPart – Verband Technische Kunststoff-Produkte e.V., Frankfurt am Main

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